Bezahlbarer Wohnraum für alle statt immer höhere Mieten

Eine Entgegnung zu «So steigen die Mieten noch mehr» von Santosh Brivio

In seinem Text «So steigen die Mieten noch mehr» wird postuliert, dass der Markt auch im Immobilienbereich für ein Gleichgewicht sorgt zwischen Angebot und Nachfrage. Natürlich wird nicht darauf eingegangen wie das Gleichgewicht, die Kapitulation vor der Entwicklung, aussehen wird – teure, grosse Wohnungen in den grossen Städten für diejenigen, die es sich leisten können, alle anderen müssen weit weg vom Arbeitsplatz wohnen und haben dementsprechend lange Arbeitswege. Denn der Autor beachtet eine wesentliche ökonomische Voraussetzung des Bodenmarktes nicht: Boden ist nicht vermehrbar, und es herrscht Konsumzwang. Wer z.B. in der Stadt Zürich arbeitet, muss in der Nähe wohnen und da Boden konsumieren. Es gibt daher kein Gleichgewicht im Bodenmarkt (und damit im Wohnungsmarkt), die Anbieter können jederzeit die Preise, also die Mieten bestimmen. Wie das in der Praxis aussieht, lässt sich in der Stadt Zürich sehr gut beobachten: Immobilienfonds und –gesellschaften kaufen in grossem Stil Land auf und vermieten ihre Wohnungen zu sehr hohen Preisen, und nützen so den Konsumzwang aus.

Aus diesem Grund will die SP den Anteil der Wohnbauträger (meist Genossenschaften und gemeinnützige Stiftungen) im Wohnungsmarkt erhöhen, die nach dem Grundsatz der Kostenmiete ihre Mietzinsen berechnen. Die Kostenmiete ist keine «Maximalmiete», wie es im Text von Santosh Brivio steht. Sie erlaubt aber neben den Kosten der Vermieter (Unterhaltskosten, Zinsen etc.) nur eine moderate Rendite in der Höhe des Hypothekarzinssatzes auf dem eingesetzten Kapital.

 

Diese Verschiebung im Bodenmarkt kann mit verschiedenen Mitteln erreicht werden. Die Gemeinden können Land aufkaufen und im Baurecht abgeben. Sie sollen auch festlegen können, dass zum Beispiel eine Viertel aller Wohnungen in einem Gebiet mit der Kostenmiete vermietet wird, ähnlich wie es die Stadt Zug vorgemacht hat. Wohnbauträger, die mit der Kostenmiete arbeiten, gehen übrigens auch viel sparsamer mit dem Land um: Genossenschaften bauen sicher keine überdimensionierten Lofts, sondern Drei- bis Fünfzimmerwohnungen von vernünftiger Grösse.

 

Diese Politik hat natürlich überhaupt nichts mit dem Schreckgespenst des amerikanischen Immobilienmarktes zu tun, dass der Autor an die Wand malt. Denn da ging es nicht um die Beeinflussung der Eigentumsverhältnisse, sondern schlicht um eine grobfahrlässig mangelhafte Prüfung der Hypothekarschuldner.

 

In den letzten ein bis zwei Jahrzehnten hat ein fundamentaler Wandel im Bodenmarkt stattgefunden, weg von einer sicherheitsorientierten Anlage mit moderaten Rendite hin zu einem spekulationsgetriebenen Markt, auf dem riesige Geldmengen nach Ertrag suchen. Mit der SP-Politik kann hier Gegensteuer gegeben werden. Eine Kapitulation vor der Entwicklung, wie es Santosh Brivio fordert, wäre für die Menschen in diesem Land verheerend.